zum Inhalt springen

Komparatistik und Didaktik. Möglichkeiten des Vergleichs im Literaturunterricht

Michael Eggers und Christof Hamann

Vergleichende Literaturwissenschaft und Didaktik miteinander in Verbindung zu bringen, mag zunächst ungewöhnlich erscheinen: In einem Curriculum, das sich an Nationalsprachen und Einzelphilologien orientiert, ist die Komparatistik als Schulfach nicht verankert und der nationale Grenzen überschreitende Vergleich gilt als stoffliche Überforderung. Das aber steht in eklatantem Widerspruch zur literarischen Realität: Bezüge zwischen mehreren Sprachen, zwischen unterschiedlichen Gattungen und Medien sind vielen literarischen Texten eingeschrieben. Die Forschungsklasse stellt deshalb einen Literaturunterricht zur Diskussion, der philologische, sprachliche und mediale Kompetenz vermitteln will, indem er sich nicht auf eine isolierte, rein monolinguale und ‑mediale Betrachtung literarischer Texte beschränkt, sondern seinen Gegenstandsbereich um Übersetzungen, Adaptionen und Vergleichstexte erweitert.

Beide beteiligte Disziplinen profitieren von der Begegnung. Die Literaturdidaktik erprobt die Vermittlung von Literatur durch den Vergleich mit Intertexten, Adaptionen oder kontextuell naheliegenden Kunstwerken (bildende Kunst, Film, Musik); die vergleichende Literaturwissenschaft ist gezwungen, für ihre meist auf die Forschung konzentrierte komparatistische Arbeit eine auch außerhalb der Universität vermittelbare Form zu finden und auf diesem Weg das didaktische Potential ihrer ureigensten Methode, des Vergleichens, zu erweisen. In der Forschungsklasse werden für einen komparatistischen Unterricht geeignete Beispiele diskutiert, aber auch die theoretische Reflexion soll nicht zu kurz kommen. Das Themenspektrum ist breit: Von einem Vergleich zwischen Goethe und Racine, das deutsche und slowenische Dinggedicht, deutsche und amerikanische Schauergeschichten und Istanbul-Krimis bis zur Medialität des Gesichts und der Kreuzung von Roman und bildender Kunst.
Rund die Hälfte der Sitzungen der Forschungsklasse wird in Zusammenarbeit mit Gastwissenschaftlern von anderen Universitäten und aus dem IdSL I gestaltet. Außerdem wird der Dichter Aleš Šteger zu Gast sein.

 


Lektüre zur Vorbereitung:

Evi Zemanek/ Alexander Nebrig: Komparatistik. Berlin 2012.

Christiane Solte-Gresser: “Potenziale und Grenzen des Vergleichs. Versuch einer literatur- und kulturwissenschaftlichen Systematik”. In: Christiane Solte-Gresser, Hans-Jürgen Lüsebrink, Manfred Schmeling (Hg.): Zwischen Transfer und Vergleich. Theorien und Methoden der Literatur- und Kulturbeziehungen aus deutsch-französischer Perspektive. Stuttgart: Steiner 2013, S. 23-35.