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Forschungsprojekte

Postdoc-Projekt: Krank/Schreiben. Heil-Orte in der Literatur von 1800  bis zur Gegenwart
Das literatur- und kulturwissenschaftlich ausgerichtete Projekt untersucht im Kontext der Medical Humanities Heil-Orte in der Literatur als isolierte und institutionalisierte Orte der Abweichung, die Dichotomien von Krankheit und Gesundheit, Ansteckung und Heilung sowie Internierung und Institutionalisierung ausloten. Ziel des Projekts ist eine Literaturgeschichte von Heil-Orten, die zum einen ihre literarische Entwicklung von 1800 bis zur Gegenwart nachzeichnet. Besonders fokussiert werden dabei zeitspezifisch medizinische genau wie soziokulturelle Diskurs- und Umbruchsphänomene. Zum anderen rücken neben (mit der Covid19-Pandemie wieder aktuell gewordenen) kulturmedizinischen Fragestellungen von Krankheit, Isolation und Ansteckung raumtheoretische Aspekte in den Blick, die sich mit Foucault auf die Verräumlichung von Krankheit und Institutionalisierung von Heilung beziehen lassen. Gleichzeitig verhandeln literarische Heil-Orte ästhetische Konzepte, die das kurative Potenzial von Literatur und Kunst über künstlerische (Er-)Schöpfung und Produktivität mit Krankheitskonfigurationen engführen

 

"Formen, Praktiken und Orte des Heilens. Zur ästhetisch-moralischen Potentialität der Literatur im 20. Jahrhundert", gemeinsames Projekt mit Dr. Carolin Rocks (Universität Hamburg) im Rahmen eines Fellowships des Erich Auerbach Institute for Advanced Studies
Diagnosen von Krankheit, Pathologie und Verwerfung beschäftigen die Literatur seit jeher. Sie sind Ausdruck ihrer Fähigkeit, gesellschaftliche Umbrüche zu registrieren und dergestalt so etwas wie ,die nackte Realität‘ neu zu perspektivieren. Darüber hinaus werfen diese Diagnosen Fragen nach dem ästhetisch-moralischen Heilpotential von Literatur auf. Insbesondere für die Literatur nach 1945 lassen sich Diagnosen des Beschädigten und Kranken als Topoi bestimmen, die das düstere Bild einer ,sprachlosen‘, an der Wirklichkeit zerbrechenden Literatur zeichnen, der es an Ausdrucksformen für den ,Zivilisationsbruch Auschwitz‘ fehlt. Zugleich aber wartet die ,leidende‘ Literatur der Nachkriegszeit mit Heilung versprechenden oder utopischen Entwürfen auf – so etwa bei Hildesheimer oder Sebald, die ihre Texte als moralische Erprobungsfelder anlegen und Raum für potentiell heilsame literarische Tugendübungen eröffnen. Ein ähnlich utopisches Potential entwerfen die mit Vorstellungen von Heilung beschäftigten Sanatoriumstexte der Jahrhundertwende (Schwerpunkt Projekt Alina Boy). Sie lassen sich als Heil-Orte beschreiben, da sie einerseits ein verdichtetes Nachdenken über die gesellschaftlich-kulturellen Umbruchsdynamiken der Moderne aufspannen. Andererseits zeigen sie – verstanden als Heterotopien im Sinne Foucaults – ihre Potentiale als Heilstätten moderner Subjektivität.
Das gemeinsame Projekt fragt nach Formen, Praktiken und Orten des Heilens einer potentiell kurativen Literatur des 20. Jahrhunderts und fokussiert deren Heilpotentiale im Spannungsfeld des Wirklichen und Möglichen. Im Horizont einer Poetik des Möglichen wird untersucht, inwiefern eine mit Formen des Heilens befasste Literatur praktische Orientierung bietet und damit das Verhältnis von Ästhetik und Moral neu auslotet.

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